Eine kurze Weile lang habe ich ja schon fast geglaubt, dass es Bielefeld tatsächlich nicht gibt. Aber gestern bin ich hingefahren und tatsächlich war da auch einen Bahnhof, auf dessen Schildern "Bielefeld" stand. OK, also Bielefeld gibt es doch. Aber was in dieser Stadt tun, wenn bis zum Termin noch 90 Minuten Zeit sind? Das in meinem Bereich einzig erwähnenswerte Vorkommnis in Bielefeld ist eigentlich die Existenz des kleine Büros des FoeBud-Vereins. Rena Tangens und Padeluun, die beiden wichtigen Macher des Vereins, sind eigentlich Künstler und irgendwie beim Thema gelandet, welche Auswirkungen neue Technologien wie das Internet auf Datenschutzbelange haben. Damit oszillieren sie in einer Szene, die aus Datenschützern, nerdigen Entwicklern und Antivolkszählungsaktivisten besteht und gerade wegen dieser Mischung über die Jahre weg wenig von seiner Anziehungskraftverloren hat. Am 30. April feiert der FoeBuD seinen 20. Geburtstag.
Weil ich die Arbeit des Vereins klasse finde und eben sonst nicht so oft in Bielefeld bin, habe ich die U-Bahn bis zum Landgericht Bielefeld genommen und dann tatsächlich in der Marktstraße das Büro gefunden. Am Schreibtisch saß Padeluun, den ich zuletzt im vor Jahren in bei einem Vortrag vor einer asiatischen Delegation gesehen hatte, denen er auf Rollschuhen einen Vortrag über Kommunikation, Internetsicherheit und solche Dinge hielt.Das Auswärtige Amt unter Fischer hatte ihn dafür gebucht und es war sehr unterhaltsam, glaube ich mich zu erinnern. Netterweise machte er mir einen Tee und schnell kamen wir auf die derzeit gut laufenden Produkte, mit denen der Foebud-Verein seine Arbeit finanziert. Der PrivacyDongle ist ja inzwischen offenbar schon ein alter Hut, so oft wurde der MemoryStick mit einer Software zum anonymen Internetsurfen bestellt. Über 2.000Bestellungen seien bereits für das immerhin 20 Euro teuere Teil aufgenommen worden. Mindestens genauso trendy, dafür aber mit sechs Euro etwas preiswerter, dürfte die Alu-Hülle für den neuen E-Pass sein: Wenn der Pass da drin steckt, seien die auf dem RFID-Chip gespeicherten persönlichen Daten vor dem Zugriff durch Unbekannte sicher, versprechen die Vertreiber. "Da ist High-Tech drin", preist Padeluun die mit irgendwas beschichtete Pausenbrothülle an. Offenbar hat auch das Pentagon oder irgendeine Unterunterorganisation sich schon für diese bahnbrechende Technik interessiert. Zumindest hat jemand mit einer Mailadresse, die mit ".mil" (= "military") endet, mal hundert Stück bestellt. Nach kurzem Überlegen lieferte FoeBud. Auch die T-Shirts laufen gut. Besonders das, auf dem steht "Hiermit widerspreche ich der Aufzeichnung, Speicherung, Ausstrahlung und sonstigen Verwendung meines Bildes. Dieses T-Shirt wurde drucktechnisch erstellt und bedarf daher keiner Unterschrift" wird ziemlich häufig im Online-Shop bestellt.
Bei so viel Schleichwerbung erscheint die Frage berechtigt, was der gemeinnützige Verein FoeBud eigentlich mit dem vielen Geld macht, was er so einnimmt. Das kann ich jetzt gar nicht so genau sagen, aber das medial auffälligste Event ist sicherlich die jährliche Verleihung der "Big Brother Awards". Da werden Wirtschaftsunternehmen, Behörden und Privatpersonen ausgezeichnet, die besonders negativ bei der Verwendung von Daten aufgefallen sind. Mit dem Preis soll "die öffentliche Diskussion um Privatsphäre und Datenschutz" gefördert werden. Finde ich richtig. Kauft, Leute, kauft!
Christoph Dowe
Welt am Sonntag, Berlin, 28. Februar 2007
Original: http://debatte.welt.de/weblogs/174/politik+mit+links/19602/dongles+aus