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Überwachung durch Schaufensterpuppen:

Was wollen Kunden kaufen?

Um das herauszufinden, greifen Marktforscher und Einzelhändler zu immer perfideren Forschungsmethoden. Ein italienischer Hersteller nutzt Schaufensterpuppen, die mit versteckten Kameras Kunden ausspähen und filmen, wer wie lange vor ihnen stehen bleibt. Und das sind nicht die einzigen Möglichkeiten, um Kundenwünsche zu erfahren. Datenschutzaktivisten sind entsetzt.

Sie haben den Kunden immer im Blick: Schaufensterpuppen wären die perfekten Spione, wenn es um das Einkaufsverhalten von Konsumenten geht. Das will sich ein italienischer Hersteller zunutze machen. In seinen Puppen werden Kameras eingebaut, die filmen, wer wie lange vor ihnen stehen bleibt. So wollen Unternehmen herausfinden, was ihre Kunden besonders interessiert. Datenschutzaktivisten wie Padeluun von Digitalcourage sind die erfassten Daten viel zu konkret: "Es gibt Systeme, die tatsächlich erkennen können, wie alt jemand ist, welcher Ethnie eine Person angehört, ob sie männlich oder weiblich ist, und so fort. Die könnte man auch in Schaufensterpuppen einbauen."

Wir wollten wissen: Wie reagieren Kunden in Deutschland auf eine Videoüberwachung durch Schaufensterpuppen? In einer Einkaufspassage in Köln haben wir eine präparierte Puppe aufgestellt. Anders als bei den italienischen Modellen ist die Kamera gut sichtbar montiert, auch der Bildausschnitt zeigt viel weniger Details. Dennoch reagieren die Kunden sehr empfindlich.

Datenerfassung über RFID-Chips

Auch sogenannte "RFID"-Chips in Kleidungsstücken werden genutzt, um die Kunden auszuspionieren. Die Funkchips helfen Modeunternehmen bei Inventur und Lagererfassung. Die auf den Chips gespeicherten Daten könnten aber auch genutzt werden, um den Käufer der Kleidung zu ermitteln. Daher sollte man die Chips nach dem Kauf unbedingt von der Kleidung abtrennen, empfehlen Datenschützer.

Die Spion-Puppen sind in Deutschland bisher nicht zugelassen, Videoüberwachung darf nur zur "Wahrung des Hausrechts", also zum Beispiel zum Schutz vor Diebstahl eingesetzt werden. Dennoch ist die Erfassung von Kundendaten auch in Deutschland bereits weit fortgeschritten, weiß Michaela Zinke vom Bundesverband der Verbraucherzentrale. "Wir kaufen mit Kundenkarten ein und zahlen mit unserer Bankkarte. Darüber sind wir natürlich identifizierbar. Werden diese Daten gesammelt, ergibt sich ein ziemlich genaues Kunden- und Bewegungsprofil."

Wer wir sind und was wir kaufen – diese Informationen sind für Unternehmen der Schlüssel zu mehr Profit, doch der Kunde hat über diese Informationen nur wenig Kontrolle. Eine Schaufensterpuppe, die unerkannt Kundendaten speichert, würde den Verbrauchern nur schaden.

Westdeutscher Rundfunk, Köln, 15. Dezember 2012
Original: http://www1.wdr.de/fernsehen/aks/themen/kundenueberwachung100.html

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