FoeBuD e.V.  ·  Marktstraße 18  ·  D-33602 Bielefeld
http(s)://www.foebud.org  ·  foebud@bionic.zerberus.de

Dafür haben wir Jahre gearbeitet

Datenschützerin Rena Tangens im Gespräch

Das Bundesverfassungsgericht hat am Dienstag (02.03.10) die bisherige Praxis der Vorratsdatenspeicherung gestoppt. Datenschützer freuen sich über den Erfolg ihrer Verfassungsklage, stellen aber jetzt schon hohe Anforderungen an eine Neuauflage des Gesetzes.

Die Datenschutzaktivistin Rena Tangens ist Vorsitzende des Bielefelder Vereins zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs (FoeBuD). Dieser verleiht jährlich den viel beachteten Big-Brother-Award: einen "Negativpreis für Datenkraken". FoeBud gehört zu den Mitgliedern des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung, der die Verfassungsklage mit auf den Weg gebracht hat.

WDR.de: Frau Tangens, das Bundesverfassungsgericht hat die bisherige Praxis der Vorratsdatenspeicherung gekippt. Ist das jetzt ein Sieg auf der ganzen Linie?

Rena Tangens: Dass das Gesetz für verfassungswidrig und nichtig erklärt wurde und dass alle gespeicherten Daten sofort gelöscht werden müssen, ist ein Riesen-Erfolg für uns und für die 34.000 Unterstützer der Verfassungsklage. Dafür haben wir Jahre gearbeitet.

WDR.de: Allerdings halten die Richter eine Vorratsspeicherung prinzipiell unter strengen Auflagen für zulässig. Wie müssten solche Vorgaben aussehen?

Tangens: Da müssen sehr strenge Regeln angelegt werden. Zum Beispiel müssten die Daten verschlüsselt und dezentral gespeichert sein. Und es darf keine zentrale Behörde geben, die ohne weiteres auf diese Daten zugreifen kann. Wir sind selbst gespannt, wie das alles umgesetzt werden soll. Insbesondere, weil inzwischen auch die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung auf dem Prüfstand steht. Selbst die Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, Viviane Reding, hat inzwischen angekündigt, dass die Richtlinie im Hinblick auf den Datenschutz überprüft werden soll.

WDR.de: Schon bisher durften die Daten ausschließlich zur Aufklärung schwerer Straftaten, zur Terrorabwehr und bei Kriminalität im Netz genutzt werden. Wie soll der Staat künftig solche Kriminelle bekämpfen?

Tangens: Es gibt längst andere Möglichkeiten. Wenn ein konkreter Verdacht gegen eine Person besteht, dann können seine Daten gespeichert werden und die Behörden darauf zugreifen. Dieses Verfahren nennt man "Quick Freeze" - und es ist in den USA übliche Praxis. Dort gibt es keine Vorratsdatenspeicherung. Das sollte wohl auch in Europa möglich sein.

Andreas Poulakos

Westdeutscher Rundfunk Online, Köln, 02. März 2010
Original: http://www.wdr.de/themen/politik/nrw03/datenschutz/100302b.jhtml

© WWW-Administration, 15 Mar 10