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Schon die Datensammlung ist eine Gefahr

Der Netzaktivist Padeluun ist einer der Streiter wider die Vorratsdatenspeicherung. Er hält das Karlsruher Urteil nur für einen Teilerfolg. Ein Interview

ZEIT online: Herzlichen Glückwunsch, Herr Padeluun. Das Bundesverfassungsgericht hat auf Ihre Klage und die vieler Mitstreiter die Verwendung der Vorratsdatenspeicherung vorerst eingeschränkt. Was bedeutet das Urteil aus Ihrer Sicht?

Padeluun: Dass ich nicht glücklich bin. Es ist nicht der Erfolg, den wir uns erhofft haben. Unsere Hoffnung war, dass das Gesetz ausgesetzt wird. Weil ich schon die Ansammlung der Daten als Problem sehe. Das Verfassungsgericht dagegen meint, dass das Problem erst existiert, wenn die Daten weitergegeben werden. Da bin ich ganz anderer Meinung: Die Datensammlung an sich ist die Gefahr.

ZEIT online: Trotzdem ein Sieg, oder?

Padeluun: Ja. Wir versteigen uns als Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung deshalb ja auch dazu, den Rücktritt von Justizministerin Zypries zu fordern. Auch wenn wir nicht glauben, dass sie es tun wird. Allerdings, wenn in so kurzer Folge solche Einschläge des Bundesverfassungsgerichts gegen Gesetze kommen, muss man vielleicht doch mal überlegen, ob der Gesetzgeber nicht etwas falsch macht.

ZEIT online: Ist es womöglich Strategie der Bundesregierung, bei neuen Sicherheitsgesetzen soweit zu gehen, wie es gerade möglich ist?

Padeluun: Politiker werden – wenn auch schlecht – dafür bezahlt, dass sie ihre Arbeit ordentlich machen. Es kann doch nicht sein, dass Gerichte immer die Notbremse ziehen müssen. Wenn dauernd Gesetze vor dem Bundesverfassungsgericht landen und das entscheidet, dass sie gegen die Verfassung verstoßen, dann ist die Arbeit einfach schlecht, die die Politiker abliefern.

ZEIT online: Befindet sich die Politik nicht in einer Notlage? Versucht sie nicht verzweifelt, der technologischen Entwicklung hinterher zu rennen?

Padeluun: Das Problem ist, dass die Politik nicht gestaltet, statt sich von Notlagen jagen zu lassen. In einer Kommunikationsgesellschaft, in der wir leben, wäre es notwendig, Forschung anzustoßen und Ideen zusammenzutragen, um zu erfahren, wie wir in dieser Gesellschaft leben wollen. Wenn die Politiker das nicht tun, dann machen sie nur Blödsinn.

ZEIT online: Solche Forschung dauert Jahrzehnte, die Politik aber sieht sich im Handlungszwang...

Padeluun: Sie hätte auch schon ein paar Jahre früher anfangen können. Ich selbst beispielsweise war in einer Enquetekommission, die seit Langem gefordert hat, die elektronische Kommunikation müsste geregelt werden, schließlich geht es auch um Arbeitsplätze. Das wurde immer ignoriert. Dieses hektische Gedösel ist der falsche Weg. Ich glaube, dass man mit der Kraft der Ruhe sehr viel mehr bewirken kann. Ich sehe den Zeitdruck, aber es ist ja nicht so, dass solche Gesetze gemacht werden, weil die Leute es nicht besser wüssten. Sondern es sind einige dabei, die machen diese falsche Politik bei vollem Bewusstsein.

ZEIT online: Wie geht es weiter?

Padeluun: Wir müssen weiter mobilisieren. Es ist ein wichtiges Ergebnis, dass das immer mehr Menschen bemerken. Sie müssen sich für ihr Leben einsetzen, so wie sie es führen wollen.

Kai Biermann

Die Zeit, Hamburg, 19. März 2008
Original: http://www.zeit.de/online/2008/13/vorratsdaten-padeluun-interview

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