Die deutschen Datenschützer beraten ein neues Datenschutzgesetz, über Probleme mit Körperscannern und die Sammelwut von Elena.
Zwei Mal im Jahr treffen sich die Datenschutzbeauftragten der Länder und des Bundes, um zu beraten, zu welchen Themen es geboten ist, der Politik Empfehlungen zu geben. In diesem Jahr ist die Liste lang.
Derzeit wohl wichtigster Punkt: die Vorratsdatenspeicherung. Die findet nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zwar vorerst nicht mehr statt, erledigt aber ist sie nicht. Noch immer gilt die zugrunde liegende europäische Richtlinie, und noch immer hat die bundesdeutsche Politik den Auftrag, diese in nationales Recht umzusetzen.
Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar sagte, die Diskussion müsse daher vor allem in Brüssel geführt werden. Doch forderte er, hierzulande komplett auf dieses Ermittlungsinstrument zu verzichten. Man habe den Terrorismus auch vor der Einführung effektiv bekämpfen können, sagte Schaar im WDR. Sollte es dennoch bei der Datenspeicherung bleiben, dürfe die Nutzung nur bei sehr schwerwiegenden Gefahren erlaubt sein. "Und die Daten müssen sehr, sehr viel stärker, als das bisher der Fall war, gesichert werden."
Die Datenschutzbeauftragten debattieren bei ihrem zweitägigen Treffen über weitere Themen:
Körperscanner: Die waren noch vor einiger Zeit schwer umstritten, inzwischen jedoch hat sich in der Politik die Meinung durchgesetzt, dass sie eingeführt werden sollen. Auch wenn Innenminister Thomas de Maizière erklärt hat, sie würden nur installiert, wenn "die Persönlichkeitsrechte vollumfänglich gewahrt werden", sehen Datenschützer noch nicht alle Probleme geklärt. Beispielsweise weil sie religiöse Bekleidungsvorschriften verletzen und weil befürchtet wird, dass ihr Einsatz schlicht unverhältnismäßig ist angesichts des umstrittenen Gewinns an Sicherheit.
Elektronischer Entgeltnachweis (Elena): Bürgerrechtler protestieren schon länger und haben gerade eine Verfassungsbeschwerde eingereicht gegen das seit Jahresbeginn eingesetzte Verfahren. Denn in dessen Rahmen werden eine Menge Arbeitnehmerdaten automatisch an die Rentenversicherung übermittelt. Die Website, auf der sich registrieren lassen kann, wer die Verfassungsbeschwerde mitzeichnen will, hatte nach 48 Stunden bereits 10.000 bestätigte Mitglieder.
Zwar hat die Bundesregierung zugesagt, an der Liste der Daten nachbessern zu wollen. Doch fordern Datenschützer noch mehr Zurückhaltung und werden das wohl auch noch einmal formulieren.
Und damit den Bürgerrechtlern viel Auftrieb geben. Sie haben seit der Petition gegen die offiziell Zugangserschwerungsgesetz genannten Netzsperren und seit der erfolgreichen Klage gegen Vorratsdaten viel Unterstützung, gerade im Internet. Eine klare Entschließung der Datenschützer könnte die Zahl der Unterzeichner noch einmal steigen lassen.
Datenschutzgesetz: Eine Arbeitsgruppe beschäftigt sich mit der Modernisierung des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG). Unter ihrer Federführung wird eine Novelle des BDSG vorbereitet, um bislang nicht berücksichtigte Punkte einzuarbeiten. Schaar fordert in diesem Zusammenhang immer wieder eine komplette Überarbeitung und Anpassung des Datenschutzes an die Moderne. Wie weit die Neufassung gehen wird, ist derzeit unklar.
Stiftung Datenschutz: Justizministern Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hat angeregt, eine Stiftung Datenschutz zu gründen. Diese soll Gütesiegel für gute und sicherere Angebote verteilen. Datenschützer halten das für keine schlechte Idee, finden aber, dass es nicht genügt. Ergänzt werden könnte die Stiftung demnach durch den vom Chaos Computer Club vorgeschlagenen Datenbrief.
Weitere Themen der Tagung sind die elektronische Gesundheitskarte, das Datentauschabkommen Swift und die datenschutzrechtliche Aufsicht über die Jobcenter. Am Donnerstag wollen sich die Datenschützer öffentlich äußern und ihre Entschließungen zu den einzelnen Themen bekannt geben.
Kai Biermann
Zeit Online, 17. März 2010
Original: http://www.zeit.de/digital/datenschutz/2010-03/datenschutz-tagung-elena