Bielefeld (pivo). Wie kann man die kriegführenden Parteien im ehemaligen Jugoslawien wieder zur Vernunft bringen? Mit dieser Frage beschäftigen sich Politiker auf der ganzen Welt. Doch auch auf "unterer Ebene" denken Menschen darüber nach, wie man das Land dem Frieden wieder ein Stückchen näherbringen könnte. Einer von ihnen ist Eric Bachman. Sein Heilmittel heißt "Mailbox".
Bachman ist langjähriges Mitglied der "Bielefelder MailBox AG", die sich kurz "Bionic" nennt und vom "Verein zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs" (FoeBuD e. V.) betrieben wird. Zur Zeit hält er sich im serbischen Belgrad auf, nachdem er kurz vorher noch im kroatischen Zagreb war. Danach wird er sich in die Hauptstadt der früheren Republik Slowenien, nach Ljubljana, begeben. Sein selbstgestecktes Ziel in allen Orten: die Installation sogenannter Mailboxen. In Belgrad und Zagreb funktionieren sie bereits. Eine Mailbox ist ein elektronischer Briefkasten. Um ihn zu benutzen, braucht man einen Computer und ein Modern, das mittels Telefon die Verbindung zu anderen Computern herstellt. Damit die Kommunikation den ganzen Tag funktioniert, muß eine Art Zentrale hinzukommen.
Dieser zentrale Computer hängt quasi hauptberuflich - den ganzen Tag am Telefon, nimmt die verschiedenen Anrufe von anderen Computern entgegen, sortiert die eingehende und ausgehende "Post", sorgt dafür, daß alle Datenpakete in die richtigen "Postfächer" kommen. Private Nachrichten finden auf diese Weise ihren Weg von einem Teilnehmer zum anderen, aber auch Informationen von öffentlichem Interes se. Beides will Bachman im auseinandergefallenen Jugoslawien erreichen. "Seine Mailboxen sind Transportmedien für Nachrichten, die von professionellen Agenturen vielleicht nicht verbreitet werden", so Rena Tangens, die vom FoeBuD-Büro an der Marktstraße die Aktivitäten ihres BionicFreundes verfolgt. "Die Boxen sind aber auch als Koordinationsstelle innerhalb eines Landes wichtig und ermöglichen sogar wieder - trotz gekappter Telefonleitungen - Kontakte zwischen Bewohnern der verfeinde ten Lander." Laut Rena Tangens sind PCs und andere Computer in den eh~maligen jugoslawischen Republiken überraschend weit verbreitet. Die technologische Friedensmission habe deshalb durchaus Aussicht auf Erfolg. Finanziell unterstützt wird das ungewöhnliche Projekt vom "Bund für soziale Verteidigung", einem Verein, der sich für gewaltfreie Lösungen von Konflikten einsetzt. FoeßuD lieferte vor allem das Know-how. "Eric hat sich tagelang bei uns schulen lassen, damit er drüben klar kommt", erläutert Rena Tangens. "Der Aufwand hat sich gelohnt."
Neue Westfälische, 20. Juli 1992